Keine Produkthaftung für Gesundheitstipps in der Tageszeitung

Österreich
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Der EuGH hatte sich zuletzt mit der Frage zu beschäftigen, ob die in einer Kolumne einer großen österreichischen Tageszeitung erschienenen Gesundheitstipps ein Produkt darstellen, für das der Medieninhaber haftet.

Verfahrensgegenständlich war die Körperverletzung einer Leserin der besagten Kolumne. Die betreffende Verletzung war durch eine fehlerhafte Angabe zur Einwirkzeit eines Naturheilmittels in dem Zeitungsbeitrag entstanden. In ihrer Klage gegen die Medieninhaberin stützte sich die Klägerin unter anderem auf die verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers für sein fehlerhaftes Produkt nach dem Produkthaftungsgesetz.

Ein Produkt kann grundsätzlich jede bewegliche Sache sein. Bis dato nicht geklärt war, in welchem Umfang für Informationsträger – wie Bücher oder Zeitungen – nach dem Produkthaftungsgesetz gehaftet wird. Zu unterscheiden ist hier nämlich zwischen dem Buch bzw. der Zeitung als körperlicher Sache und den darin verkörperten Informationen.

Würde man auch die enthaltenen Informationen als Produkt einstufen, so hätte dies eine weitreichende Haftung von Medienunternehmen zur Folge. Sie würden als Hersteller und Inverkehrbringer für Schäden, die aufgrund der Information eingetreten sind, nach dem Produkthaftungsgesetz haften: Diese Haftung besteht unabhängig davon, ob der Schaden schuldhaft verursacht wurde, und setzt bloß voraus, dass das Produkt fehlerhaft war. Eingeschränkt wird diese strikte Haftung dadurch, dass bspw. Sachschäden nur ersetzt werden, wenn sie an einer vom Produkt verschiedenen Sache eingetreten sind; überdies darf die Sache nicht von einem Unternehmer überwiegend in dessen Unternehmen verwendet worden sein.

Der EuGH[1] hat nun aber festgehalten, dass für die durch die falsche Information in der Kolumne entstandene Körperverletzung kein Produkthaftungsanspruch gegen das Medienunternehmen geltend gemacht werden kann. Begründend führt das Gericht aus, dass ein fehlerhafter Gesundheitstipp in der Zeitung keine Fehlerhaftigkeit der Zeitung selbst begründet. Mangels Fehlerhaftigkeit der Zeitung kann aber auch keine Produkthaftung für die Zeitung eintreten. Der Gesundheitstipp stellt eine Dienstleistung und kein Produkt dar, weshalb keine Anwendbarkeit des Produkthaftungsgesetzes infrage kommt.

Diese Entscheidung ist auch auf andere Druckwerke und Informationsträger, wie Bücher und Leaflets, aber auch Festplatten und USB-Sticks, übertragbar, wenn die dort verwahrten Informationen eine Dienstleistung (z. B. Lerntipps …) darstellen. Nicht auszuschließen ist aber eine Haftung für solche Informationen, wenn zwischen Informationsverschaffer und Informationsbezieher ein Vertrag besteht, oder eine deliktische Haftung. In diesen Fällen ist aber Verschulden erforderlich bzw. bei reinen Vermögensschäden abseits eines Vertragsverhältnisses sogar die wissentliche Erteilung eines falschen Rates. Auch Schadenersatzansprüche aufgrund von Spezialgesetzen, wie z. B. nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wegen irreführender Informationen, bestehen in der Regel nur bei einem Verschulden des Schädigers.


[1] 10.06.2021, C-6520, Krone-Verlag