CEE German desk: Ein GVO-Zankapfel

Bulgarien

Zweifelsohne scheiden sich die Geister am Thema der genetisch veränderten Organismen (GVO). Auf der einen Seite steht der Verbraucherschutz, dem gegenüber steht ein steigender Lebensmittelbedarf, den die Welt in den Griff bekommen soll. Steckt das Recht in der Zwickmühle der gegenseitigen Interessen? Weltweit findet man dazu unterschiedliche Denkansätze.

Beispiele aus den USA

2016 wurde in den USA ein Gesetz zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, die GVO enthalten, verabschiedet. Das Gesetz enthält verschiedene Kennzeichnungsvorschläge. Dazu gehören kurze Texte und Symbole, aber auch elektronische oder digitale Links und Telefonnummern für weiterführende Informationen. Die Kennzeichnungspflicht bezieht sich auf Lebensmittel, deren Hauptzutat genetisch verändert wurde. Genetisch veränderte Futtermittel sind nach dem Gesetz nicht zu deklarieren, auch sehr kleine Lebensmittelproduzenten sind von der Kennzeichnungspflicht freigestellt. Restaurants und ähnliche Anbieter von Lebensmitteln sind von der Kennzeichnungspflicht ebenfalls ausgenommen.

Das Gesetz hat vielfältige Kritik erfahren. Nach einigen kritischen Stimmen erfasst das Gesetz zu wenige Produkte. Andere kritisieren die im Gesetz vorgesehene Nutzung des sogenannten QR Codes bzw. von 1-800 Ziffern als Form von GVO-Kennzeichnung. Dies soll Verbraucher dazu zwingen, den Code zu scannen bzw. anzurufen, um überhaupt Informationen über den Inhalt des Produkts zu bekommen.

Der europäische Rechtsrahmen

Die Europäische Union (EU) hat einen Rechtsrahmen für den Einsatz der Gentechnologie geschaffen. Darunter fallen die Herstellung von GV-Lebens- und Futtermitteln, Einfuhren von GVO sowie die Freisetzung von GVO in die Umwelt. GV-Lebens- und Futtermittel dürfen in der EU nur zugelassen werden, wenn sie eine Sicherheitsbewertung durchlaufen haben. Die Verfahren für die Bewertung und Zulassung von GV-Lebens- und Futtermitteln sind in grundliegenden GV- Rechtsvorschriften niedergelegt, unter anderen:

  • Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel;
  • Durchführungsverordnung (EU) Nr. 503/2013 über Anträge auf Zulassung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel;

Gleichzeitig hat Brüssel die Entscheidungskompetenz für mögliche GVO-Verbote an Mitgliedsstaaten delegiert. Laut EU-Gesetzgebung ist ein Mitgliedstaat berechtigt, über den Anbau von GV-Kulturpflanzen in seinem Hoheitsgebiet zu entscheiden. Während des Verfahrens für die EU-Zulassung einer GV-Kulturpflanze kann ein Mitgliedstaat die Änderung des geografischen Anwendungsbereichs beantragen, so dass diese EU-Zulassung nicht für sein Hoheitsgebiet gilt. Im Fall von bereits zugelassenen GVO kann ein Mitgliedstaat den Anbau von GV-Kulturpflanzen auf seinem Hoheitsgebiet verbieten oder einschränken.

Ferner müssen gemäß den EU-Rechtsvorschriften alle Lebens- und Futtermittel, die aus GVO bestehen oder hergestellt wurden, als solche gekennzeichnet werden, außer wenn der Anteil an GV-Material nicht mehr als 0,9 % der Lebens- und Futtermittelzutaten darstellt und zufällig vorliegt oder technisch nicht zu vermeiden ist. Darüber hinaus gilt das Gebot der Rückverfolgbarkeit. Jeder Hersteller und Händler von Lebensmitteln muss dokumentieren, wohin er seine Ware geliefert und von wem er welche Rohstoffe bekommen hat. Diese Verpflichtung gilt für Lebensmittel und dient der Rückverfolgbarkeit eines Lebensmittels „vom Feld zum Teller“ und „vom Teller zum Feld“.

Wo steht Bulgarien auf der GVO-Karte?

Die bulgarische GVO-Gesetzgebung setzt die europäischen Vorschriften um. So regelt das bulgarische Lebensmittelgesetz die GVO-haltigen Lebensmittel und sorgt für den gesetzlichen Einklang mit EU-Regeln. Nach der Faustformel können GVO-haltige Lebensmittelprodukte in Bulgarien verwendet werden, solange sie auf EU-Ebene zugelassen sind. Zum Inverkehrbringen von GVO-haltigen Lebensmitteln auf den bulgarischen Markt muss man also eine EU-Zulassung bekommen. Das bulgarische Gesundheitsministerium ist für die Entgegennahme der bulgarischen Zulassungsanträge und ihre Weiteleitung an die EU-Kommission zuständig. Das Zulassungsverfahren orientiert sich an der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003.

Zwischenzeitlich wartet ein neuer Gesetzesentwurf zur Lebensmittelregulierung auf sein Schicksal im bulgarischen Parlament. Der Gesetzesentwurf sorgt bereits für viel Diskussion als er wesentliche Änderungen in der GVO-Thematik einbringt.

  • Zunächst verschiebt der Gesetzesentwurf die verfahrensrechtliche Kompetenz über die Zulassungsanträge für Inverkehrbringen der GVO-haltige Lebensmittel an das Landwirtschaftsministerium.
  • Auch bei der Kennzeichnung von GVO-haltigen Lebensmittelprodukten sind Neuigkeiten anzumerken. Im Prinzip müssen solche Produkten Informationen über die Art und Menge der GV-Zutaten, einen ausdrücklichen Vermerk „dieses Produkt enthält GMO“ sowie einen spezifischen Erkennungsmarker enthalten. Nach der aktuellen Fassung des Lebensmittelgesetzes müssen diese Informationsbestandteile mindestens 25% von der Produktverpackung ausmachen und mit großgeschrieben und farblich deutlichen Buchstaben auf der Verpackung dargestellt werden. Nunmehr schafft der neue Gesetzesentwurf diese Anforderung bei der Kennzeichnungsart ab, was Verbraucherschützer stark kritisieren.
  • Vielmehr kürzt der neue Gesetzesentwurf die Geldstrafen bei Verstößen gegen die GVO-Vorschriften deutlich. Nach der heutigen Gesetzeslage ist mit Geldstrafen von Minimum 25.000 Lewa (ca. 12.700 EUR) bis zum 70.000 Lewa (ca. EUR 35.000) im Falle von gesetzeswidrigem Herstellen und Handeln mit GV-Lebensmitteln zu rechnen. Demgegenüber sieht der neue Gesetzesentwurf Geldstrafen von nur zwischen 2.000 Lewa (ca. 1.000 EUR) bis zu 6.000 Lewa (ca. 3.000 EUR) vor. Nach den EU-Vorschriften müssen z.B. die Mitgliedstaaten „wirksame und abschreckende“ Sanktionen bei Verstößen gegen Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der GV-Lebensmittel erlassen. Eine Begründung der im bulgarischen Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Kürzungen der Geldstrafen ist nicht ersichtlich.

Es bleibt nun zu warten, ob der Gesetzesentwurf über die Runden kommt.